Home Minimalismus Ausmisten im Bad: Die ewige Cremetube und ihre beste Freundin, die vorwurfsvolle Puderdose

Ausmisten im Bad: Die ewige Cremetube und ihre beste Freundin, die vorwurfsvolle Puderdose

by Undine Almani

#aufgebraucht

Aufgebraucht ist schon ein Hashtag auf Instagram. Seit Aufräumen und Ausmisten Trend geworden ist, hat die Internetkultur die Dokumentation des eigenen Ordnungsfortschritts genauso gutmütig wie die des eigenen Konsums angenommen (wofür Instagram ja auch eher steht, also oberflächliche Schönheit und Schleichwerbung). Ich hab mich eingereiht, aus purem Opportunismus. Ich bin schlichtweg nicht ununterbrochen in der Lage, Qualitätsinhalte zu generieren. Beiträge um so Alltägliches sind da eine willkommene Pause für mein inneres Kind, das nicht ständig vom allmighty algo den Stift aufs Papier gedrückt bekommen will.

Ich versuche jetzt mal, trotzdem einen Inhalt aus diesem Ding zu machen, und euch meine allerspannendsten Ausmistetipps für Schminke und so Bad-Zeugs zu verraten. Ich finde nämlich, dass diese Sachen extrem lästig und unentspannt loszuwerden sind. Das liegt einerseits daran, dass sie sich so lange halten und nur langsam aufgebraucht werden. Andererseits gibt es viele zu spezielle Pflegeprodukte, zB. (Kurz den Kopf kratzen… Was ist ein gutes Beispiel? Was haben normale Menschen so in ihrer Badschublade… Ah ja!) Pickel-Irgendwas! So ein Schmiermichdrauf, das man nur selten braucht und selbst nach einer längeren Verwendungspause sagt man sich: Ja… aber was, wenn morgen die Akne-Fee reinschneit? Dann bin ich so richtig gefickt, ja! Lieber behalte ich dieses fast leere, in der Wirkung eher placebohafte Teil, und fühle mich in Quäntchen sicherer. Ist ja auch sehr blöd und nervig, wenn die Akne-Fee dann wirklich kommt und man den Scheiß neu kaufen muss, nicht?

Hm. Nein.

Multi purpose denken

Ich sehe das so: Die Empfindung, dass man ohne ein sporadisch und übers Jahr verteilt sehr selten verwendetes Produkt plötzlich wirklich dringend braucht, ist sehr subjektiv. Wenn man mal von Medikamenten absieht, sind  die meisten Sachen da eigentlich kein großes Risiko. Nehmen wir das Pickelcreme-Beispiel. Das ist ein klassisches single purpose item. Es geht nur für diesen einen Zweck. Hat man keine Pickel, ist es überflüssig. Hat man doch welche, probiert man damit rum und sagt sich, dass es ja seinen Zweck erfüllt. Doch wie viele single purpose-Produkte kann man meist einen guten Ersatz finden. In diesem Fall gibt es zwei Beispiele, je nachdem, ob die Alternativen für euch multi purpose sind oder nicht.

Alternative #1 wäre zB. Teebaumöl. Es hat desinfizierende Wirkung und kann zB. auch für ein selbstgemachtes Deo, angeblich zur Behandlung von Juckreiz bei schuppiger Kopfhaut oder Insektenstichen, und sogar oral angewendet werden (als Tinktur gegen Zahnfleischentzündungen – bitte euren Naturgedöns-aufgeschlossenen Dr.med.dent. dazu befragen).

Alternative #2 wäre eine Wundheilsalbe, entweder mit Dexpanthenol oder Zink. Auch eine Mischung ist gut und hilft gegen Pickel oder Rötungen. In Kombination mit stinknormalem Ethanol oder einem anderen Desinfektionsmittel, das für die Haut geeignet ist, seid ihr eigentlich schon voll ausgestattet für die nächste Pickelparty.

Ob ein Produkt multi-purpose für euch ist, könnt ihr aber nur selbst entscheiden. Ich liebe Zinksalbe und schmiere sie auf Sonnenbrand und ins Gesicht, wann immer ich eine Indikation finden kann. Auch Panthenol darf in meiner Hausapotheke nicht fehlen. Beide Sachen sind für mich vielseitig verwendbar und ersetzen spezielle Produkte wie das Beispiel von gerade eben. Und man kann dieses multi purpose-Gedankenmodell aber auf jedes andere Produkt übertragen, nicht nur Sachen aus dem Bad.

Aufbrauchen für Genervte

Eine anderes Ding, das mir beim Aufbrauchen und Entsorgen immer wieder auf die Nerven geht, sind so halbleere und schon nicht mehr wirklich geliebte Pflegesachen, die man einfach nicht verschenken kann. Wegwerfen will man sie ob der enthaltenen Reste aber auch nicht. Klassischerweise ist das sowas wie an bis kurz vors Zerbrechen weggelutschte Bonbons erinnernde Seifenreste, „ewige“ Cremetuben und Makeup.

Cremegemisch: Wenn die Reste gut zusammen passen, werden sie einfach gemischt. Macht mehr Platz und irgendwie auch mehr Laune.

Cremegemisch: Wenn die Reste gut zusammen passen, werden sie einfach gemischt. Macht mehr Platz und irgendwie auch mehr Laune.

Sie fliegen vorwurfsvoll in einem dem eigenen Bewusstsein verborgenen Winkel des Badschranks herum und warten darauf, endlich so ranzig zu werden, dass man doch einen Grund hat, sich davon zu trennen.

Ich glaube, ich habe für dieses Problem eine für mich ziemlich gute Lösung gefunden:

Ich mische diese Sachen einfach. Habe ich mehrere offene Cremes, kommen diese zusammen in ein Glas. Klar, das ist ein bisschen Augenwischerei, aber es macht eben doch Ordnung. Es macht mehr Platz. Und das mag ich so. Ich bin da ziemlich unkompliziert und ich achte halt etwas drauf, dass es vom Geruch auch stimmt. Aber meistens stört mich da nichts.

Bei Rouge oder Puder geht das auch ganz toll. Hat man nur noch ein paar Krümel in einer Dose und eine schwindende Menge in einer anderen, kann man die kleinere Menge herausbröseln, etwas nass machen und die Paste mit zur anderen dazu streichen. Das geht mit einem kleinen Löffel oder mit den Fingern. Ist es trocken, ist es auch wieder fest. Natürlich auch praktisch, wenn man sein Rouge hat fallen lassen.

Wenn es auf Smarticular zu finden ist, ist es kein Geheimtipp mehr. Funktioniert aber und macht den Ästhetik-Hardliner rasend: Die draufgeklebte Seife.

Wenn es auf Smarticular zu finden ist, ist es kein Geheimtipp mehr. Funktioniert aber und macht den Ästhetik-Hardliner rasend.

Was ich mit Seifenresten mache, ist nach dem obigen Absatz wohl auch keine offene Frage mehr. Die kleine alte Seife wird einfach an die große neue geklebt. – Wem das zu unsexy ist, der kann sich so einen komischen Jute-Beutel holen zum Schäumen. Allerdings sehen diese Dinger auch genau 1 Tag schön aus und ähneln nach kurzer Zeit formmäßig einem Seniorenskrotum.

Ein unansehnlicher Seifenbeutel

Das Seifenskrotum ist nun auch schon einige Jahre in meinem Besitz und immer mal wieder überlege ich, es gleich mit auszumisten…

Ich sollte vielleicht auch dazu sagen, dass ich diese Probleme kaum noch habe. Der beste Trick von allen ist nämlich:

Einfach abgewöhnen

Diese Unart, ständig irgendein neues Ding anzufangen, das ist ja das Problem. Man sehnt sich nach irgendeiner Veränderung und gerade achtsame Menschen, die kleine Dinge zelebrieren, vielleicht minimalistisch leben und sich nicht viel gönnen, können hier leicht drauf reinfallen. Man möchte diesen kleinen Luxus für sich und man fühlt sich ja auch erst mal gut damit. Nach einer Weile dann erst fällt auf, dass es stört. Dass es wieder voller geworden ist. Und man ärgert sich über sich selbst.

Wohin schon wieder mit dem Krempel? Warum hat man das überhaupt gekauft? Ist man denn immer noch nicht angekommen? – Ich frage mich so etwas nicht mehr. Ich bin angekommen, auch wenn ich nicht perfekt zerowaste oder ganz und überall minimalistisch lebe.

Ich finde es an dieser Stelle nur wichtig, die Sachen ordentlich zu entsorgen, wenn es nicht anders geht und an jemanden, der es brauchen kann weiterzugeben, wo es möglich ist. Und immer alles (möglichts noch selbst) aufbrauchen zu wollen ist eben auch ein Ideal, das einfach nicht immer geht. Wenn man sich dann über Wochen und Monate an dem Kram stört, kommt man sich selbst und irgendwelchen minimalistischen Zielen ja auch nicht näher. Es ist eine gute Erkenntnis, wenn man sich eingestehen kann, dass man einfach nicht perfekt ist und dass man den Platz und die optische Ruhe vielleicht einfach gerade dringender braucht als die perfekte Lösung, das Ganze loszuwerden. Wenn das heißt, dass ein paar Dosen auf den Müll wandern, ist die eigene Aufgabe vielleicht eher Akzeptanz und mal das Auto stehen zu lassen, was unter Umständen viel mehr bewirkt.

Das Grübeln über kleine Dinge raubt einem sehr viel Zeit, wenn man es zu weit treibt und die Ideale, die man hier vorschiebt, sind im Großen oft doch eher untergeordnet gegenüber anderen Möglichkeiten, wie etwa dem Unterstützen größerer Umweltprojekte oder guter Produkte. Oder einfach das Verzichten auf Dinge, die einen großen Impact haben wie Auto, Flugzeug oder übermäßiges Heizen.

Was ich sagen will: Wenn man sich dazu bringt, sich schneller zu entscheiden, kann das auch gut sein und heraus helfen aus der Mühle des Nachdenkens über die tollste und schönste Lösung. Vielleicht findet sich auch eine, die nicht supertoll aber immer noch okay ist.

Der wichtigste Schritt ist meiner Meinung nach, für die Zukunft eine Verbesserung zu erreichen. Einfach nicht mehr so mit den Dingen umzugehen, wie man es bisher getan hat. Nicht in alte Muster zu verfallen. Spontankäufe sein lassen. Auch bei ganz wunderbaren, pappverpackten Bio-Produkten erst mal die Luft anhalten und überlegen, ob das jetzt wirklich sein muss.

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